Die Erasmus-Partnerschaft zwischen dem St. Leonhard Gymnasium Aachen und der IB-Schule Institut Forat del Vent in Cerdanyola bei Barcelona wurde bereits im November 2022 im Rahmen eines ersten „Job Shadowings“ begründet und durch Schüler*innenaustausche der Q1 (in englischer Sprache) und der Mittelstufe (Spanisch, Klasse 8) weiter vertieft.
In diesem Jahr nun steht unser Q1-IB/Erasmus Austausch mit der Partnerschule in Barcelona unter dem Motto „Wasser und Nachhaltigkeit“.
Warum nun das Thema „Wasser“? Haben wir es nicht – sprichwörtlich – im „Überfluss“ – sowohl im meist regnerischen Aachen und auch in der wasserglitzernden Hafenstadt Barcelona mit ihren eindrucksvollen Stränden und Fontänen?
Schon unsere Recherchen zu Wasser und Nachhaltigkeit im Vorfeld zeigten eine andere Seite: Katalonien leidet unter der langanhaltenden Dürre der letzten Jahre, in Barcelona selbst herrscht Wassernotstand. Schon vom Flieger aus sehen wir den fast ausgetrockneten Stausee, das Sau-Reservoir – und bereits am Flughafen informieren uns Poster über geltende Einschränkungen beim Wasserverbrauch. Die Brunnen in der Stadt liegen trocken und viele Wasseradern führen schon seit Jahren kaum noch Wasser. Im Gegensatz dazu haben wir noch die Bilder der Flutkatastrophen in unserer Region vor Augen: ebenfalls Folgen des Klimawandels. Und dieser wiederum wird verstärkt nicht nur durch unser Konsumverhalten und die damit verbundenen CO2 Emissionen aber auch durch die Erwärmung und Plastikvermüllung der Weltmeere.
Den Zusammenhängen zwischen Klimawandel, Konsum und Wasser als Lebensräumen sind wir im ersten Teil unseres Austauschprojektes in Katalonien nachgegangen. Zunächst stellten wir uns in einem kollaborativen Planungs-Padlet (Erasmus Exchange Barcelona Aachen 2024 (padlet.com) gegenseitig vor und sammelten die Ergebnisse unserer Recherchen. Daraus erwuchsen dann durch digitales Feedback und im persönlichen Austausch per Video-meeting zahlreiche Programmvorschläge und schließlich ein Plan für die gesamte Woche:
Bereits am ersten Tag in Cerdanyola lernten wir die Schule kennen und erlebten Präsentationen der spanischen Schülerinnen und Schüler über ihre wissenschaftlichen und ökologischen Projekte im Rahmen des IB-CAS Programms – und darüber hinaus.
Am Nachmittag erkundeten wir dann die nähere Umgebung der Schule auf einer ausgedehnten Wanderung zu einem Aussichtspunkt auf der Hügelkette zwischen Cerdanyola und Barcelona, von dem wir einen weiten Blick über die Stadt Barcelona bis hin zum Meer genießen konnten. Der Weg führte uns durch das nahezu vollständig ausgetrocknete Flussbett des Riera de San Cugat und vorbei an Wasserfällen und Bachläufen, die zwar auf der Wanderkarte eingezeichnet, in der Landschaft aber kaum noch erkennbar waren. Die einheimischen Schülerinnen und Schüler (und ihre Lehrerin Marta Soria) können sich noch gut an andere Zeiten erinnern: Vor ein paar Jahren konnte man hier noch schwimmen…
Der nächste Baustein unseres Projektes beleuchtete das Thema „Nachhaltigkeit / Wasser als Lebensraum“ auf ganz andere Art: der berühmte Architekt Barcelonas, Antoni Gaudí, hat bereits um 1900 mit dem Casa Battló ein Haus geschaffen, das als Gesamtkonzept und in vielen äußeren und inneren Details, Farben und Formen eine schillernde und lebendige Unterwasserwelt verkörpert – und gleichzeitig in seiner Nutzung von Energie und Licht ein Modell für nachhaltiges Bauen darstellt. Die Natur ist hier Lehrmeister und Gegenstand in einem.
Gefährdet wird die reale Unterwasserwelt vor allem durch die Einflüsse des Menschen. Bereits beim Austauschprojekt 2023 haben wir die Plastikvermüllung der Flüsse und Ozeane in den Blick genommen und Müll aus einem Flussbett und am Strand gesammelt und analysiert.
In diesem Jahr führte uns unser Projekt zu einer Naturschutzinitiative (CRAM Foundation), die den Meeresschutz systematisch und wissenschaftlich angeht und besonders für Kinder und Jugendliche aufbereitet.
In einer modellhaften Transektstudie untersuchten wir im Naturschutzgebiet am Strand nahe des Flusses Llobregat die Verteilung von Mikroplastik. Obwohl wir nur eine Stunde lang das Sediment durchsiebten, fanden wir einige kleine Plastikpartikel (besonders im Dünengürtel) und diskutierten geeignete Maßnahmen, um dem Problem zu begegnen.
Beeindruckend waren diese Untersuchungen besonders dadurch, dass wir im Meeresschildkröten-Hospital viele Tiere persönlich kennen lernen durften, deren Leben durch die Verschmutzung des Mittelmeeres unmittelbar bedroht war: die Schildkröte Anna z.B. wäre wohl gestorben, wenn die Naturschützer sie nicht operativ von einem verschluckten Plastikstäbchen befreit hätten. Besonders Plastiktüten werden von Meeresschildkröten mit Nahrung verwechselt und lassen Tiere elendig zugrunde gehen.
Ein ganz anderer Aspekt des Themas Wasser ist unser Wasserverbrauch. Entgegen der Intuition der meisten Menschen ist sauberes Trinkwasser nicht unbegrenzt verfügbar; wird sogar von Wissenschaftlern als das „Erdöl der Zukunft“ betitelt. Unserem „Wasserfußabdruck“, also dem direkten und vor allem indirekten Wasserverbrauch (z.B. durch den Konsum von Kleidung oder Fleisch) sind wir in der Ausstellung des naturwissenschaftlichen Museo BLAU nachgegangen. Nicht nur die Sonderausstellung zum Thema Wasser mit ihren multimedialen Installationen und Zukunftsszenarien passte perfekt zu unserem Thema und vermittelte uns wertvolles Hintergrundwissen; auch die Dauerausstellung zur Evolution der Artenvielfalt auf der Erde sensibilisierte in eindrucksvoller Weise für die verletzliche Schönheit unseres Planeten. Hier lag unser Schwerpunkt nicht nur auf den präsentierten Inhalten, sondern auch auf der Frage: „Wie kann man wissenschaftliche Fakten so aufbereiten, dass sie für Kinder und Jugendliche erfahrbar werden und einen bewussteren Umgang mit Wasser fördern?“ Die „Ausstellung ohne Filter“ war hierfür ein gutes Beispiel für die Vermittlung der Thematik über alle Sinne: Auge, Ohr, Hand und Herz.
Nun stellte sich auch für uns die Frage nach der effektiven Nutzung und Weitergabe unserer Erfahrungen. Ein erster Schritt war das Zusammentragen und Kommentieren der erstellten Bilder, Videos und Audios in einer Präsentation (padlet und Prezi, s.u.), die wir nach Fertigstellung im Internet veröffentlichen möchten. Hierzu arbeiteten wir am letzten Tag in der Schule in Kleingruppen an der Aufbereitung der Beiträge zu den einzelnen Unterthemen.
Bisher fehlt allerdings noch die „andere Seite der Medaille“: Der Aachener Teil unseres Projektes. Bei dem Rückbesuch der Spanier*innen werden wir versuchen, unseren Erfahrungen aus Cerdanyola und Barcelona jeweils ein „Gegenstück“ aus Aachen zuzuordnen und dadurch zu erkunden, wo sich kulturelle Gemeinsamkeiten und Gegensätze auftun: „Verlorene Bäche / Lost Streams“ wie in den Bergen bei Cerdanyola hat die Stadt Aachen ebenfalls zu bieten: hier wurden die lebensspendenden Adern der Stadt schon vor langer Zeit unter den Asphalt verbannt und erst langsam wieder „ans Licht gebracht (z.B. durch die Initiative des Ökologiezentrums).
Unsere Brunnen in Aachen haben zur Zeit noch genug Wasser – und auch viele stadthistorische Bezüge. Und die heißen Quellen, die „Aquisgran“ in der Römerzeit ihren Namen gaben, sind auf jeden Fall einen Programmpunkt wert.
Das Partnerstück zum Mikroplastikprojekt wird in Aachen bzw. Maastricht ebenfalls eine kleine Feldstudie sein – wir nehmen dabei neben dem Plastikmüll das noch weniger präsente Thema der Zigarettenkippen in den Blick, die – achtlos weggeworfen – das Potential haben, immense Volumina von Wasser zu verseuchen.
Auch die Museumspädagogik kommt beim zweiten Teil des Austausches nicht zu kurz: Das Museum König in Bonn zeigt sowohl die Erdgeschichte und Artenvielfalt des blauen Planeten wie auch eine Ausstellung zum „Leben im Fluss“. Auch ein Besuch im Haus der Geschichte Bonn und im Aquazoo Düsseldorf steht auf unserer Wunschliste. Wie werden sich diese Museen vom Museum BLAU unterscheiden? Welche Schwerpunkte werden hier gelegt? …
… Und wie unterscheidet sich ganz allgemein und im Alltag der Umgang der Menschen in verschiedenen Regionen Europas mit unseren begrenzten Ressourcen? Wo sind wir uns ähnlich und wo verschieden? Was können wir voneinander lernen? Gibt es kulturell und sprachlich unterschiedliche Herangehensweisen an das globale Problem des Klimawandels mit seinen vielfältigen Auswirkungen auf Wetter, Flüsse und Ozeane? Welche ethischen Werte und Prinzipien verfolgen wir im Umgang mit der Natur? Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Wissen um die Auswirkungen unseres Verhaltens? Wie verhalten sich unsere persönlichen Erfahrungen zu theoretischen Informationen aus dem Internet? (Und auch: Rechtfertigen unsere internationalen Begegnungen und Eindrücke aus Barcelona eine Flugreise, die ja nun alles andere als nachhaltig ist?)
All diesen Fragen sind wir – nicht ohne Selbstkritik – nachgegangen und werden es weiterhin tun.
Unser Erasmus-Projekt Water and Sustainability versucht (als „work in progress“), wenigstens ein paar Antworten zu diskutieren und verschiedene Perspektiven zu beleuchten.
Hier sind sie zu sehen: https://padlet.com/rustems843/water-sustainability-rfho4rdtihss0d7x
Und: https://prezi.com/view/7pn2TWNvP3Ck7dYwSxhtSonja Rustemeyer, Rainer Lück und das IB / Erasmus-Schüler*innen-Team der Q1
Q1-Erasmus Austausch Aachen Cerdanyola 2024 – Präsentationen:
https://padlet.com/rustems843/water-sustainability-rfho4rdtihss0d7x